Der US-Unternehmer Elon Musk (Space X) plant mit seinem Projekt Starlink den Start von bis zu 42.000 Satelliten. Diese sollen eine weltweite Versorgung mit Breitband-Internet ermöglichen. Doch Weltraumorganisationen, Astronomen und Umweltschützer laufen dagegen Sturm: Starlink erhöhe die Wahrscheinlichkeit von Satelliten-Zusammenstößen und habe das Potential, den Nachthimmel mit mehr künstlichen Lichtspuren zu verunstalten als man Sterne mit freiem Auge sehen kann. Nicht zuletzt könne dadurch der astronomische Forschungsbetrieb massiv eingeschränkt werden. Und wunderschöne Fotos vom natürlichen Sternenhimmel gehören der Vergangenheit an.
Hunderte Starlink-Satelliten in einer Umlaufbahn
Wer nach Sonnenuntergang einen Blick nach Westen wirft, hat gute Chancen, die ersten Testsatelliten des bisher ehrgeizigsten Projekts von Tesla-Gründer Elon Musk und seinem Weltraumunternehmen Space X über dem Horizont aufgehen zu sehen. Bisher befinden sich erst einige Hundert der Starlink-Satelliten in einer Umlaufbahn. Space X hat bereits die Genehmigung für insgesamt 12.000 davon, die in Zukunft die ganze Welt mit kostengünstigem Breitbandinternet versorgen sollen.
Was für Smartphonebesitzer nach einer guten Idee klingt, sorgt nicht nur bei Umweltaktivisten für Bedenken. Die großen Raumfahrtorganisationen weisen darauf hin, dass Starlink mit seinem derzeit geplanten Ausbau auf bis zu 42.000 Satelliten wesentlich mehr Flugkörper im Erdorbit versammeln würde, als die Menschheit seit 1957 ins All geschossen hat. Die Idee hinter diesem wirtschaftlich lukrativen Projekt wurde bereits auch von anderen Unternehmen aufgegriffen, weshalb davon auszugehen ist, dass sich die Gesamtzahl der Satelliten noch deutlich erhöhen wird.
Christian Köberl, Generaldirektor des Naturhistorischen Museums Wien, fasst die Auswirkungen dieser Projekte zusammen:
Das führt nicht nur zu einem höheren Risiko für fatale Zusammenstöße im All, sondern gefährdet auch den Nachthimmel als unser aller kulturelles Erbe.
Auch der österreichische Astronom Günther Wuchterl von der Kuffner-Sternwarte in Wien sieht in den Starlink-Plänen eine ernsthafte Bedrohung für zahlreiche Forschungsprojekte. Er erforscht als Partner des Naturhistorischen Museums im Projekt Lebensraum Naturnacht die künstliche Aufhellung des Nachthimmels:
Gerade am Internationalen Tag des Lichts am 16. Mai dürfen wir nicht vergessen, dass Licht auch seine Schattenseiten haben kann, wenn es nicht sinnvoll eingesetzt wird.
Wenn alle bereits genehmigten Satelliten gestartet werden, könnten es noch 20 Mal mehr werden. Zusammen mit der weltweit jedes Jahr stärker werdenden Lichtverschmutzung ist absehbar, dass es schon bald keinen Ort mehr auf der Erde geben wird, an dem noch ein natürlicher und ungestörter Blick zum Sternenhimmel möglich ist.
An der Oberfläche der Satelliten wird das Sonnenlicht teilweise so stark reflektiert, dass sie mit den hellsten Sternen am Nachthimmel konkurrieren. Dies führte in den letzten Wochen auch vermehrt zu Meldungen vermeintlicher UFO-Sichtungen. Schon jetzt verzeichnet das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt initiierte Satellitenportal für Mai und Juni in Österreich zwischen 500 und 700 Überflüge pro Nacht, die heller sind als die wichtigsten Sterne des Sternbilds Kleiner Wagen.
Wie viele Sterne sehen wir am Sternenhimmel?
Wer wissen will wie es aktuell um den Sternenhimmel steht, sieht am besten selber nach. Mit einem Blick zum Sternbild Kleiner Wagen kann man die dort sichtbaren Sterne zählen. Am besten rund um die Neumondnächte in der zweiten Maihälfte und mit der Anleitung des Citizen-Science-Projekts auf www.sternhell.at. Dort werden alle Sternzählungen zentral gespeichert und für internationale Vergleiche ausgewertet. In den Zentren von großen Städten wie Wien sind Sterne bereits so selten geworden, dass man sie inzwischen einzeln nachzählen kann. Auch bei guten Bedingungen sind im Wiener Zentrum mehr als 30 Sterne schon als Erfolg zu werten. Das Ergebnis kann gemeinsam mit der Beobachtungsmeldung ebenfalls auf Sternhell gemeldet werden.
Wie viele Satelliten sehen wir schon?
Die Satelliten-Betreiber beteuern, dass ihre Internet-Satelliten „nur in der Dämmerung kurz stören“ und dass die Flugbahnen für eine geringere Störung des Sternenhimmels angepasst werden. Wer das selbst überprüfen möchte, schaut am besten in den kommenden Monaten zum Himmel und trägt alle Sichtungen heller Satelliten in den Stunden rund um Mitternacht als Bemerkung gemeinsam mit einer Beobachtungsmeldung auf Sternhell ein.
Ist der Lebensraum Naturnacht in Gefahr?
Ob ein Nachthimmel voller heller künstlicher Sterne nur ein Ärgernis für jene darstellt, die den Anblick eines natürlichen Sternenhimmels schätzen oder ob die hellen zusätzlichen Lichtpunkte am Himmel auch Auswirkungen auf den Lebensraum Nacht haben, ist noch ungewiss.
Allerdings wissen wir von Vögeln und Käfern die den Sternenhimmel für die Orientierung nutzen. Aber wie so oft bemerken wir die Konsequenzen wohl erst wenn es bereits zu spät ist.
meint Andreas Hantschk, Biologe am NHM.
Titelfoto: G. Wuchterl, Verein Kuffner-Sternwarte. Es zeigt zwei Schwarmsatelliten vor dem Großen Wagen. Seine Sterne gehören zu den hellsten des Himmels und trotzdem erscheinen selbst die ausgeschmierten Satellitenspuren ähnlich hell. Waren bislang Satelliten vor allem unter intakten Himmeln regelmäßig zu sehen erscheinen Sie nun bereits im Minutentakt am Großstadthimmel. Links unten Helios an der Spitze der Kuppel des Naturhistorischen Museums.